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Ostpreußen - Die Handelsstadt Truso


Das die an der Weichselmündung lebenden Goten und ihre preußischen Nachbarn bereits  überregionalen Handel bis Rom und Byzanz betrieben, ist durch überlieferte Berichte bekannt. So war u.a. durch einen Reisebericht des angelsächsischen Reisenden und Händlers Wulfstan, der um 880 im Auftrag von König Alfred dem Großen, die Fahrt von Haithabu in die preußische Handelsstadt Truso unternahm, bekannt, daß es auch im alten Preußenland ein überregional bedeutendes Handelszentrum gegeben haben mußte. Ein damals wohl bedeutender Handelsort, da zeitgenössische Autoren den Ort auch "als Atlantis der Ostsee" bezeichneten. Doch wo lag er?

Eines der wichtigsten Handelsgüter war der an den Ostseestränden vorkommende Bernstein. So schrieb schon der römische Historiker Tacitus: "Indessen auch das Meer durchsuchen sie und sammeln, unter allen die Einzigen, zwischen Untiefen und am Strande selbst, den Bernstein, bei ihnen Gläsum genannt." Und durch Jordanes wissen wir, "dass die Äster dem gotischen König Theoderich dem Großen Bernsteingeschenke sandten."


Bernstein, das Gold der Ostsee (1)

Lange Zeit war unklar, wo genau sich diese einst bedeutsame Siedlung befunden haben könnte, da zum Zeitpunkt der Eroberung durch den deutschen Orden kein Handelsplatz mit diesem Namen mehr bekannt war. Wulfstan erwähnte, das Truso am Fluß Ilfing lag und da lag es nahe, rund um die Stadt Elbing/Elblag zu suchen, da deren Name sich von eben jenem Fluß ableitete. Doch in Elbing fand man nichts.

Der Fehler war schlicht daß der gesuchte Handelsplatz eben nicht direkt am Meer lag und auch nicht im Stadtgebiet Elbings, sondern - geschützt viele Kilometer weiter im Landesinneren und durch den schiffbaren Fluß Ilfing mit dem Meer verbunden.


Rekonstruiertes Haus aus Truso (2)

Erst 1982 stießen polnische Archäologen am Ostufer des südlich von Elbing liegenden Drausensees (Jez. Druzno), südlich der Gemeinde Hansdorf auf einen alten Siedlungsplatz. Als man jedoch neben Tierknochen und Keramik auch auf arabische Münzen, Münzgewichte, Schmuck und Waffen aus Eisen stieß, war für die Forscher klar, hier hatte man etwas Bedeutendes gefunden: Die alte Handelsstadt Truso. Doch da alle Funde vor dem 10. Jahrhundert datiert wurden, muß man davon ausgehen, daß irgendwann im 9. Jahrhundert die Siedlung aufgegeben wurde. Vermutlicher Grund, die Verlandung des Drausensees, dessen Seeufer sich heute weit weg von der Fundstätte befindet.

Noch heute wird gerätselt, was genau der Name Truso bedeuten soll? Angeblich soll er sich aus der altpreußischen Bezeichnung für Schilfrohr (Truszas) ableiten. Nicht unlogisch, da der Siedlungsplatz an einem Binnensee lag, dessen Name Drausensee sich auch leicht als Schilfsee erklären lässt.

Doch möglicherweise - wir erinnern uns - Wulfstan war Angelsachse, kommt der Name aber auch vom englischen (angelsächsischen) Truss, ein Wort welches für Fachwerk und Rohrgeflechte verwendet wird. Und tatsächlich, man fand in Truso einfache Fachwerkbauten, mit Schilfrohrgeflechten im Putz und Reetdächern.

War Truso also nicht nur das "Atlantis der Ostsee" sondern auch eine frühe Fachwerkstadt? Und wer ließ 300 arabische Silbermünzen dort einfach so liegen? Gab es einen Überfall, bei dem die Siedlung zerstört und gebrandschatzt wurde? Und wie immer wirft jeder historische Fund neue Fragen auf, wie z.B. das man in Truso keinerlei Gräber gefunden hat. Weitere Forschungen werden das hoffentlich herausfinden.



Bildnachweise:
(1) Manfred Podzkiewitz
(2) Aleksander Durkiewicz (Lizenz: CC-BY-SA 4.0)